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24.10.06
Vom Okzident in den Orient (2): Die Ramadan-Assistenz
Der Araber erkaufte dem ostdeutschen Theaterschreiber K. am kleinsten Grenzuebergang in die Tschechische Republik die Freiheit
Um drei Uhr morgens reisten wir mit unserem 30 Jahre alten Bus und nagelneuen, frisch geschmuggelten Ultraschallgeraeten in die Tschechische Republik und begannen eine neue, nicht empfehlenswerte Art des †bernachtens auf Reisen: das Tankstellen-Camping. Die beiden mitreisenden Ossis sollten, so war es abgemacht, eigentlich stets ihr Zelt aufbauen, was an tschechischen Autobahn-Tankstellen aber zugegeben nicht so gut geht.
Die Jungs verteilten sich also anspruchslos auf die ebenen Flaechen im Bus, waehrend mir die zweifelhafte Ehre zuteil wurde, neben meinem langjaehrigen Freund, dem Araber, auf dreieinhalb Quadratmetern Bett liegen zu duerfen. Was als kuschelndes Paar ein schoener Spa§ haette sein koennen. Doch im Fastenmonat ist jede Art von Beruehrung zwischen Mann und Frau noch strenger als ohnehin verboten. Unser beschraenktes Schlafen wurde dementsprechend zu einem Krampf im Kaefig. Zudem musste der Gute sein dreigaengies Fruehstueck und das erste Gebet vor Sonnenaufgang verrichten - ab sofort mussten wir Unglaeubigen uns auf Gekoche, Geklapper und Gerumpel um sechs Uhr morgens einstellen.
Nach dem gro§en Morgenessen muss natuerlich gemae§ der arabischen Ramadan-Tradition bis mittags geschlummert werden. Fuer einen kurzen Prag-Besuch blieb deswegen leider keine Zeit - schlie§lich hatten wir ja au§erdem puenktlich zu den Gebetszeiten Tankstellen mit vernuenftigen Waschmoeglichkeiten anzufahren - und das dreimal am Tag! Mit meinem Marschkompass, Geschenk eines deutschen Freundes, der der Meinung ist, dass Religionen verboten werden sollten, fand er auch im neuen Europa stets die Richtung Mekka.
Obwohl ein Muslim auf Reisen nur drei- statt fuenfmal beten muss und auch den Ramadan verschieben darf, wollte er sich darauf nicht einlassen, denn es sei "ein gro§es Geschenk", den Fastenmonat puenktlich zu leben. Auf ein Ramadan- und Gebete-Nachholen, wie es das Buch vorsieht, laesst sich unser Chef nicht ein! Obwohl es auf Tour nicht einfach ist. Aber zu zweit geht's besser. Die Reise ueber sollte ich mich noch zu einer perfekten Ramadan-Assistentin entwickeln und die Ossis mehr ueber den Islam lernen, als sie jemals wissen wollten.
Nachdem wir die Grenzen zur Slowakei und nach Ungarn mit Herzklopfen, aber problemlos ueberstanden hatten, sollte die Moschee in Budapest unser naechstes Etappenziel sein.
Posted by jaz at 24.10.06 3:34