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17.10.06
Undercover-Reisen Vom Okzident in den Orient (1):
Wie bringt man Medizin-Hightech nach Jordanien? Na klar, in einem Hippie-Bus
Wir sollen medizinisches High-Tech-Material nach Jordanien bringen. Freunde, €rzte in Amman, benoetigen die Ultraschallgeraete, um kostenlos palaestinensische Frauen untersuchen zu koennen. Eine komplett humanitaere Eigeninitiative, selbst finanziert. Doch leicht ist so ein Unterfangen nicht zu bewerkstelligen, legal zumindest.
Die Serben beispielsweise verlangen fuer jedes Mobiltelefon und alles, was mehr als 100 Dollar wert ist, eine Deklaration. Was erst werden die Tuerken, die Syrer und erst die Jordanier sagen? Unser Bus ist perfekt als Happy-Hippie-Travel getarnt, aber eigentlich sind wir ein Undercover-Reporterteam und eine private Hilfslieferung. Womit die Einreise nach Syrien noch illegaler wird, denn um dort journalistisch zu arbeiten, muss man sich bereits bei der Beantragung des Visums einem anderthalbstuendigen Interview mit dem PresseattachŽ in Berlin unterziehen. Wie man zum Herren Praesidenten steht, ob man politische Artikel schreiben moechte, das geht natuerlich nur staatskonform und unter Aufsicht.
Leider hatten wir auch nicht mehr genug Geld, Zeit und Nerven, ein "Carnet de Passage" zu beantragen, welches man normalerweise braucht, um ein motorisiertes Gefaehrt in die Laender suedlich der Tuerkei einzufuehren. Wir nahmen den allerkleinsten Grenzuebergang nach Tschechien, Bad Gottleuba, mitten in der Nacht, wir waren die einzigen Reisenden. Leider machte einer unserer beiden ostdeutschen Mitreisenden Probleme. Nicht der Ex-Chrystal (osteuropaeische Modedroge, "Turbo-Speed")-Junkie, urspruenglich Lkw-Mechaniker, jetzt Kameramann, wurde rausgebeten. Sondern der Leipziger Theaterschreiber, der dringend den dritten Akt seines neuen Stuecks zu Ende schreiben will und 130 Euro Rest-Hartz-IV mit ungeklaerter Restfinanzierung fuer die kommenden acht Wochen dabei hat.
"Den!", forderte der Bundesgrenzschutzbeamte, "Herrn K. haetten wir mal gerne, gegen Sie liegt Haftbefehl vor. Wir fordern mal Ihren Vorgang an. Solange koennen Sie uns schon mal ihr Gepaeck zeigen." Dope-Beutel verschwanden in Unterhosen, Blaettchen wurden in irgendwelche Bus-Rillen gesteckt und der Ex-Junkie zerlegte seine riesige Bong schnell in ihre Einzelteile. Zum Glueck kam das Fax mit der Erklaerung fuer den Haftbefehl schnell: Der Herr K. hatte vor zwei Jahren schlimmen Liebeskummer. Er betrank sich auf 2,2 Promille und fuhr dann mit dem Fahrrad in Stra§enbahnschienen, stuerzte brutal, brach sich den Kiefer, bekam den Fuehrerschein entzogen und sollte 500 Euro Strafe zahlen, was er aber nicht tat. Der Araber, im Ramadan noch menschenfreundlicher als sonst, kaufte Herrn K. frei.
Trotz des misslichen Starts schickte er schnell ein Dankesgebet an Allah: Das medizinische Hightech, das unangemeldete Motorrad, Kifferreiseproviant und einen kriminalisierten Theaterautor hatten wir im auf einen fremden Namen angemeldeten Bus au§er Landes bekommen.
Posted by jaz at 17.10.06 3:31